Herr Simpson arbeitet bei der Firma Hammermacher an einer Werkzeugmaschine und erfüllt gerade den Auftrag eines vielversprechenden Kunden, der nach langer Zeit endlich wieder bestellt hat. Am Dienstagmorgen ruft seine Frau den Werkstattleiter an: Herr Simpson ist krank und kann mindestens zehn Tage nicht zur Arbeit kommen. Was geschieht?
Häufig dies: Der Werkstattleiter runzelt die Stirn und läuft durch die Werkshalle, um zu sehen, wer alles da ist und an was jeder so arbeitet. Nach einer halben Stunde ruft er den Chef an und erklärt das Problem. Gemeinsam gehen sie den gesamten Auftrags- und Personalbestand durch. Leider kennt sich keiner der anwesenden Arbeiter mit der Maschine von Herrn Simpson aus, nur der Werkstattleiter selbst weiß so einigermaßen Bescheid. Jemanden einarbeiten? Dauert zu lange. Also geht der Werkstattleiter an die Maschine. Dann muss aber der Chef dessen Job übernehmen! Nun gut, gemeinsam versuchen die beiden herauszufinden, wo Herr Simpson mit dem Auftrag stand und wie er vorgegangen war. Währenddessen sucht die Auszubildende im Büro die Unterlagen vom letzten Auftrag des Kunden – mittags wird sie fündig, am Mittwochmorgen läuft die Produktion für den Auftrag endlich wieder richtig.
Am Freitag sind zwei Drittel des Auftrags fertig, aber der Liefertermin am Nachmittag kann nicht gehalten werden! Der Vertriebsleiter muss den Kunden anrufen, der ist einigermaßen ungehalten und gibt den nächsten Auftrag wieder seinem früheren Lieferanten, die Firma Zangendreher.
Und außerdem: Der Chef kommt vier Tage lang zu nichts, weil er den Werkstattleiter vertreten muss. Der hat ein schlechtes Gefühl, weil er dem Chef Arbeit aufgehalst hat – und ist sauer auf Herrn Simpson. Der Vertriebsleiter ist sauer auf Herrn Simpson, den Werkstattleiter und den Chef, weil seine Bemühungen, den Kunden zurück zu gewinnen, vergebens waren.
Die rechte Hand sollte wissen, was die linke tut
Die Firma Zangendreher freut sich über den Auftrag und da läuft das Ganze anders: Nach dem Anruf des kranken Herrn Garfield runzelt der Werkstattleiter die Stirn, blickt auf seinen Produktionsplan, sieht dass Herr Dagobert in dieser Woche nur an einem nicht-eiligen Auftrag arbeitet und teilt ihn der Maschine von Herrn Garfield zu. Herr Dagobert hat zwar mit genau dieser Maschine noch nie gearbeitet, kennt sich aber grundsätzlich aus, denn letztlich sind die grundsätzlichen Arbeitsschritte bei allen Aufträgen dieselben und allen Arbeitern bekannt. Und alle wichtigen Hinweise zur Maschine hängen gut sichtbar da – zusammen mit einer Übersicht, was bei welchen Problemen zu tun ist.
Neben der Maschine findet Herr Dagobert die Mappe mit allen relevanten Unterlagen zum Auftrag. Dort liegt auch die Zähl- und Messkarte, auf der er sehen kann, wie viele Teile mit welchen Ergebnissen schon produziert wurden. Leere Karten liegen unter dem Arbeitspult in der Schublade. Gut, dass der Vorgänger von Herrn Garfield außerdem den letzten Auftrag des Kunden ordentlich dokumentiert und die Dokumentation auffindbar abgelegt hat. Da kann Herr Dagobert einfach nachsehen, wie das beim letzten Mal gehandhabt wurde. Nach einer halben Stunde Orientierung und Einarbeitung läuft die Produktion. Am Freitag gegen 11 Uhr gibt Herr Dagobert den fertigen Auftrag in die Versandabteilung, am Montag ruft der Kunde den Vertriebsleiter an und vergibt den nächsten Auftrag.
Der Chef bekommt nichts mit
Und der Chef? Hatte am Dienstag einen Strategieworkshop mit dem Vertriebsleiter, hat am Mittwoch mit seinem Assistenten die Büroabläufe kritisch durchleuchtet, war Donnerstag mit seiner Tochter reiten und hatte am Freitag das monatliche Treffen mit dem Steuerberater. Als er am Freitagnachmittag einen Rundgang durch die Halle macht, bekommt er vom Werkstattleiter die Meldung: Keine Probleme, alles im Plan.
Was macht Herr Zangendreher anders? Er hat ein systematisiertes Unternehmen! Was bedeutet das? In einem systematisierten Unternehmen laufen die Kernprozesse praktisch automatisch, weil sie genau definiert und beschrieben sind. Das heißt, die wesentlichen Abläufe „weiß“ das Unternehmen, nicht ein einzelner Mitarbeiter. Die Systematisierung betrifft alle Funktionsbereiche des Unternehmens – von der Kundengewinnung über die Produktion bis zu den Finanzen. Für jeden Funktionsbereich werden die zu verwendenden Fachbegriffe festgelegt; die Arbeitsplätze beschrieben (Rollen); alle Abläufe werden beschrieben (Prozesse); es gibt für alle wichtigen Aufgaben das nötige Handwerkszeug (Tools und Vorlagen) und das Ganze wird sauber beschrieben und für jeden auffindbar aufbewahrt (Dokumentation).
Systematisierung ist für das ganze Unternehmen wichtig
Es leuchtet wohl unmittelbar ein, dass diese Systematisierung für alle operativen Aufgaben im Unternehmen sinnvoll ist. Aber nicht nur dort ist Systematisierung wichtig, sondern auch für das Gesamtunternehmen. Basis ist der Unternehmensplan, der nach einem festen System regelmäßig erstellt und aktualisiert wird. Auch die Planung sollte alle Funktionsbereiche des Unternehmens umfassen und dabei in Maßnahmenpläne münden. Und da der Unternehmer ja wiederum systematisch prüfen will, ob die Pläne umgesetzt und die Ziele erreicht wurden, bekommt jede Maßnahme Indikatoren, an denen ihr Erfolg gemessen werden kann.
Also, im systematisierten Unternehmen gilt:
- Die Geschäftsführung führt eine systematische Planung für alle Funktionsbereiche und das Gesamtunternehmen durch.
- Es gibt für die Planung und alle Funktionsbereiche die feste Begriffe, Rollen, Prozesse, Tools und Vorlagen sowie eine Dokumentation.
- Alle Maßnahmen sind mit Zielen und Indikatoren versehen, an denen man den Erfolg messen kann.
Und dann hat der Unternehmer Zeit, sich um die eigentlichen Unternehmeraufgaben zu kümmern und muss nur noch bei neuen und besonders schwierigen Prozessen eingreifen.